Die Institute der Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose legen hiermit ihre Analyse der Entwicklung der deutschen Wirtschaft und der Weltwirtschaft vor, die sie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie erstellt haben. Unter dem Titel Aufschwung weiter kräftig – Anspannungen nehmen zu umfasst diese 135. Gemeinschaftsdiagnose die detaillierte Kurzfristprognose bis zum Jahr 2019 sowie die mittelfristige Projektion der Wirtschaftsentwicklung bis zum Jahr 2022.
Der Aufschwung der deutschen Wirtschaft hat an Stärke und Breite gewonnen. Neben den Konsumausgaben tragen nun auch das Auslandsgeschäft und die Investitionen zur Expansion bei. Die sehr hohe konjunkturelle Dynamik in der ersten Hälfte des laufenden Jahres wird sich zwar etwas abschwächen. Gleichwohl nimmt die Wirtschaftsleistung in diesem und im nächsten Jahr stärker zu als die Produktionskapazitäten wachsen. Im Ergebnis steigt die gesamtwirtschaftliche Auslastung, und die Wirtschaftsleistung liegt über dem Produktionspotenzial. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte in diesem Jahr um 1,9 Prozent und im nächsten Jahr um 2 Prozent zulegen. Die Arbeitslosigkeit geht weiter zurück, die Quote sinkt auf 5,7 Prozent im Jahr 2017 und 5,5 Prozent im Jahr 2018. Allerdings wird sich der Beschäftigungsaufbau verlangsamen. Der Anstieg der Verbraucherpreise wird mit 1,7 Prozent in diesem und im nächsten Jahr merklich höher ausfallen als im vergangenen Jahr. Die öffentlichen Haushalte erzielen spürbare Überschüsse, die nicht nur konjunkturell bedingt sind. Sofern die nächste Bundesregierung die sich aus den strukturellen Budgetüberschüssen ergebenden Spielräume für Abgabensenkungen oder Mehrausgaben nutzt, wäre die Finanzpolitik nicht nur in diesem, sondern auch im weiteren Prognosezeitraum expansiv ausgerichtet, andernfalls würde sie ab dem kommenden Jahr in etwa neutral wirken.
Die Wirtschaftspolitik war in der zurückliegenden Legislaturperiode wenig wachstums-orientiert. Allerdings hat die Konsolidierungspolitik der vergangenen Jahre die Verschuldung der öffentlichen Hand in Relation zur Wirtschaftsleistung erfolgreich zurückgeführt, so dass sich Deutschland derzeit als starke Volkswirtschaft mit einem handlungsfähigen Staat darstellt.
Die sich abzeichnenden strukturellen Budgetüberschüsse des Staates in Höhe von 3/4 Prozent der Wirtschaftsleistung sollten genutzt werden, um die ökonomischen Rahmenbedingungen zu verbessern; für eine an kurzfristigen konjunkturellen Zielen ausgerichtete Politik besteht angesichts der ohnehin guten Kapazitätsauslastung derzeit kein Bedarf. Aus Sicht der Institute ist insbesondere der Einnahmenseite eine verstärkte Beachtung zu schenken. Die im internationalen Vergleich hohe Abgabenbelastung der Arbeitseinkommen spricht dafür, neben dem Einkommensteuertarif auch Beitragssatzsenkungen im Bereich der Sozialversicherungen in den Blick zu nehmen. Spielräume bestehen dort vor allem angesichts steigender Rücklagen bei der Arbeitslosenversicherung. Zudem könnte die gesetzliche Rentenversicherung konsequenter von versicherungsfremden Leistungen entlastet werden.
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